randlagen
Klanginstallation für 2 Spieler
Tai Chi Zentrum Koblenz (D)
2016
Klangausschnitt aus Vor-Ort-Aufnahme
Dorothea Krishnabhakdi: Klarinette
Stefan Löhr: electronics

Zur Installation:
Vor den 4 Wänden des mittig in den großen Übungsraum des Tai Chi Zentrums gebauten Fahrstuhlschachts ist jeweils ein Lautsprecher auf einem Stativ postiert. Die Installation randlagen greift diese architektonische Besonderheit auf in dem Versuch, den visuell verbauten Innenraum klanglich zu öffnen und "durchhörbar" werden zu lassen.
Die verwendeten Klänge - fast ausnahmslos elektronisch nachbearbeitete Aufnahmen von alltäglichen Gegenständen oder auch Instrumenten - werden von einem der beiden Spieler in langsam wechselnden Klangzusammenstellungen um den Fahrstuhlschacht herum verteilt. Keine der vier Seiten wird dabei in der klanglichen Bespielung gegenüber den übrigen besonders hervorgehoben. Im Gegensatz dazu positioniert sich eine einzelne Instrumentalistin an wechselnden, zufällig ausgewählten Orten im Raum. Die minimalen instrumentalen Interventionen sind von ausgedehnten Phasen der Inaktivität durchsetzt.

Zum Titel:
Randlagen - so der Titel der Installation - ist das Kondensat eines Wortfeldes mehr oder weniger synonymer Begriffe, das während der Erstellung der Arbeit entstanden ist. Begriffe bzw. Wortzusammensetzungen wie Peripherie, Grenzung und Grenzgebiet, Von-den-Rändern-her-Erscheinendes, Übergangenes und Nebensächliches gehören ebenso dazu wie auch Nicht-im-Zentrum-bewusster-Aufmerksamkeit-Liegendes und Nicht-Fokussiertes. Der Plural des Titels wurde nötig, da sich eine ganze Reihe von Randlagen in der Arbeit zeigten.

Randlage I
Die homogene Bespielung aller vier Seiten des in der Raummitte liegenden Fahrstuhlschachts verhindert eine ideale Hörposition, in der das Gesamt der 4 Lautsprecher ohne akustische Verschattung zu hören wäre. Die Hörer hören die Klänge die meiste Zeit aus denjenigen Lautsprechern, die von ihnen abgewandt sind, die eher an der Peripherie bzw. den Rändern des Hörfeldes liegen.

Randlage II
Alle Klänge der Arbeit sind Resultate eines nicht-zielgerichteten, oft beiläufigen, spielerischen Experimentierens mit diversen Audioapplikationen. Sie entstanden nicht in Hinblick auf eine zu realisierende Klangarbeit. Solche Klangdateien finden sich dann oft jahrelang abgespeichert unter wenig aussagekräftigen Namen wie test_01, test_02... o.ä. Eine spannende Erfahrung war, dass diese meist jahrealten, beinahe vergessenen Klänge oftmals nicht nur für sich alleine interessant waren, sondern auch untereinander in einer Weise interagierten, als wären sie eben doch als Ensemble von Klängen für eine spezifische Arbeit entstanden.

Randlage III
Die in der Installation verwendeten Lautstärken bewegen sich absichtsvoll zumeist im unteren Bereich der Lautstärkewahrnehmung, eher dem Grundrauschen einer Stadt entlehnt, als den daraus hervortretenden akustischen Signalen und Attraktionen, eher eine Einladung zum Hineinhören als eine Aufforderung, sich dem laut Tönenden zuzuwenden.

Randlage IV
Der Untertitel der Installation - Klanginstallation für 2 Spieler - hebt als letztes hier angeführtes Grenzgebiet das Spannungsfeld zwischen Installation und Performance hervor, das in Hinblick auf Aspekte der Zeitgestaltung und Ereignisdichte thematisiert werden kann. Die zeitlich oftmals extrem gedehnte und reduzierte Klangcharakteristik installativer Arbeiten steht dem erlebten Druck eines Musikers, in einer Aufführungssituation in weitaus höherer zeitlicher Dichte klangliche Aktivität zu entfalten, diametral entgegen. Umso erfrischender ist dann die Erfahrung, wenn es gelingt, sich in einer ebensolchen Situation mehr und mehr im Zuhören als im zwanghaften Machen-Müssen wiederzufinden.

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